Früh geht es weiter am nächsten Morgen. Heute steht eine Offroad-Tour im Mojave Desert auf dem Programm. Ich fühle mich super-wohl, am Morgen in der Sonne durch die einsame Wüste zu fahren. Auf dem Weg passiere ich riesige Dünen, die von einigen Offroad-Fans mit ATVs und Enduros durchpflügt werden. Lange bewundere ich die Schönheit der gleichmäßigen und sanften Formen der hohen Dünen, die die harten und ungleichmäßigen Formen der schroffen Berge und des Wüstengrundes wirkungsvoll kontrastieren.
Gegen Mittag
erreiche ich das Mojave Desert. Diese Wüste unterscheidet sich sehr vom Death
Valley: es gibt viel mehr Büsche und Pflanzen und vor allem die vielen Joshua
Trees lassen diese Wüste viel lebendiger als das Death Valley wirken.
Die Tour führt mich auf Schotterpisten, die glatt wie eine Strasse sind und
auf denen ich locker 80 km/h erreiche, ohne mich irgendwie unsicher zu fühlen.
Wahrscheinlich hat der fast langweilig gute Zustand der Pisten damit
zu tun, dass diese Wüstenregion erstaunlich dicht besiedelt
ist.
Das Ziel des
heutigen Tages heißt Flagstaff. Die Tour führt nun scharf nach Osten in
Richtung Escalante und dem Capitol Reef NP. Es ist schon später Nachmittag und
die Chancen, Flagstaff vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen sind gleich
Null.
Leider wird es schon recht früh dunkel und da Flagstaff hoch liegt, wird
es sehr kühl. Gegen Zehn am Abend komme ich an. Zum Glück
ist es kein Problem, einen
Platz in einem der zahlreichen Hostels des überschaubaren Universitätsstädtchens
in Nord-Arizona zu finden. Da ich von der
Fahrt durch die Kälte ziemlich geschlaucht bin, habe ich leider wenig Energie, noch
ausgiebig am sehr aktiven Kneipenleben hier teilzunehmen und begnüge
mich mit ein, zwei Bier, bevor ich mich zurückziehe.
Der nächste Morgen bringt herrliches Herbstwetter: es
ist sehr kühl, aber die strahlende Sonne erwärmt die
Luft schnell. Mit dem Duft der Nadelbäume in der
Nase ist das Fahren ein echter Genuß. Überhaupt ist die Fauna und Flora hier
sehr alpin, kein Wunder: immerhin befinde ich mich auf nahezu 2.000 Metern.
Nach einer Stunde erreiche ich den Grand Canyon, der sich nach der Fahrt über
das ebene Hochplateau ziemlich unerwartet mit gigantischen Ausmaßen
vor einem ausbreitet. Ca. 1.500 Meter tief und knapp 30 Kilometer breit
erlauben zahlreiche Ausbuchtungen entlang des South Rim Drives spektakuläre Einblicke
in dieses Naturwunder. Obwohl ich dafür leider keine Zeit habe, soll eine
Wanderung auf den Grund des Canyons seine Einzigartigkeit erst so richtig erschließen
lassen. Auf Film jedenfalls kann man diese Weite und Tiefe fast nicht
rüberbringen.
Nach der Fahrt entlang des South Rim Drives setze ich die Fahrt in Richtung
Nordosten fort und durchquere wieder einmal steiniges Wüstengebiet, bis ich am
späten Nachmittag den Lake Powell erreiche. Ein wunderschöner Anblick: das rote
Felsengestein in dieser Gegend. Der Lake Powell ist eigentlich ein künstlicher
See, der inmitten der Wüste durch den aufgestauten Colorado River entstand.
Bekannt ist er für die zahlreichen Wassersportmöglichkeiten, allen voran die
Möglichkeit , ein Hausboot zu mieten und damit durch die vielen zerklüfteten
Arme des Lake Powell zu fahren. Obwohl nur sehr dünn besiedelt, gibt es in der
ganzen Gegend unheimlich viel zu tun und zu sehen. Viele spektakuäre und
bekannte Fotografien entstanden hier im Antelope Canyon, einem nur wenige Meter
breiten und bis zu 20 Meter tiefen Canyon, oder am Horseshoe Bend, einem
hufeisenförmigen, mehrere hundert Meter tiefen Canyon, der durch den Verlauf
des Colorado-River geformt wurde.
Da ich im Vorjahr
schon viele der Sehenswürdigkeiten am Lake Powell gesehen hatte, fahre ich
zügig durch in Richtung Escalante in Utah, wo ich mir die sehr bekannten und in
zahlreichen Bildbänden zu sehenden Felsenformationen anschauen möchte. Genau
kenne ich den Ort nicht, jedoch vermute ich ihn nahe des Örtchens Escalante. Von
Page aus führt der Highway 89a in Richtung Kanab nach Westen und von diesem
soll laut meiner Karte eine kleine, asphaltierte Straße in Richtung Norden nach
Henryville abzweigen, von wo aus es entlang des Highways 12 in Richtung Osten nach Escalante geht. Leider entpuppt sie sich aber nur als 40 Meilen lange
Offroad-Strecke, wodurch ich mein Vorhaben diese Felsen im Abendlicht zu sehen
vergessen kann. Ich zögere, da ich nicht sicher bin, ob ich diese mit
Sicherheit auch wieder sehr einsame Strecke vor Einbruch der Dunkelheit
bewältigen kann. Letztendlich bin ich aber auch wegen eines bisschen
Nervenkitzels hier und riskiere die Fahrt. Im Nachhinein hat sich die Route
aber voll gelohnt.
Die Strecke ist atemberaubend schön: sie führt durch
schroffe Felsformationen und zum grossen Teil entlang eines zu dieser
Jahreszeit trockenenen Flussbettes, oft auch mittendurch. Die überraschend gute
Piste gestattet zum Glück zügiges Fahren und mit der Dunkelheit erreiche ich
das Ende der Piste bei Henryville. Inzwischen bin ich im Staat Utah und das stelle ich im
Tankstellen-Supermarkt des kleinen Ortes sofort fest: es gibt kein Bier ! Zum
Glück hatte ich in Page in Arizona noch ein paar Dosen gekauft, denn sonst
wäre meine bevorstehende Campingnacht nur halb so schön gewesen. Ich kaufe noch ein paar Dosen Beef Stew und fahre zum Campingplatz direkt um die Ecke.
Obwohl kein ausgesprochener Campingfreund freue ich mich jetzt schon auf die
Lagerfeueratmosphäre – MIT Bier. Damit werde ich dann zumindest einmal gezeltet
haben und die Schlepperei des Zelts und der Campingausrüstung hätte sich
gelohnt.
Nach einer kurzen Aufbauaktion sitze ich nun im Licht des Vollmondes, der
langsam über den Bergen aufgegangen ist. Keine Ahnung, wie es hier eigentlich
aussieht, ich bin ja im Dunkeln angekommen. Dadurch bekommt die Atmosphäre
etwas mystisches, nicht zuletzt auch durch das Hundegebell in der Ferne. Auf
dem Campingtisch neben meinem Lager habe ich meinen Kocher und eine kleine
Campingkerze aufgebaut, zuckle genüßlich an meinem Bier und warte, bis das Beef
Stew heiß ist. Irgendwie fühle ich mich sauwohl. Leider gibt es derzeit wenige,
die hier campen und mit denen man sich hätte ein wenig
austauschen können. So habe ich Gelegenheit, die morgige Etappe auf dem schönen Highway
12 in Richtung des Capitol Reef National Parks zu planen. Leider hatte ich die
Felsen des Escalante verpasst, da sie nicht wie von mir angenommen hier beim
Ort Escalante lagen, sondern nahe am Lake Powell – ich bin also unbemerkt daran
vorbeigefahren.