Der nächste Morgen bringt wieder herrlichen Sonnenschein. Obwohl es sehr kalt ist, heizt die Sonne so schnell auf, dass mir beim Zusammenpacken der ganzen Ausrüstung nicht kalt ist. Es ist eine Wahnsinnsarbeit, nun zusätzlich zum sonst üblichen Packen auch noch das Zelt und den Schlafsack wieder kompakt zusammenfalten zu müssen.
Da es sehr früh ist, ist der wirklich unglaublich schöne Highway 12 noch sehr verlassen. In herrlichem Sonnenschein fahre ich an diesem Sonntagmorgen einsam durch phantastische Wüstenlandschaft nur unterbrochen durch kleine, friedliche, typisch amerikanische Kleinstädte.
In einem dieser Orte passiere ich ein gemütliches Cafe mit Sonnenterrasse, an dem ich einfach nicht vorbeifahren kann, ohne mich auf einen Cafe niederzulassen – es ist herrlich, hier auf der Terrasse in der Sonne zu sitzen, an einem Cafe zu schlürfen und auf die ruhig daliegende Hauptstrasse des fast verlassen wirkenden Ortes zu schauen.
Plötzlich höre
ich das Knattern eines Motorrades und bei näherem Hinschauen erkenne ich, dass
hier meine KLR vorüberfährt, d.h. fast meine: es ist das identische Modell aus
dem Jahr 2000. Klar, dass ich dem Fahrer zuwinke und als er meine vor dem Cafe
geparkte KLR sieht, hält er sofort an. Bei einem gemeinsamen Cafe tauschen wir
unsere Reisepläne aus. Phil ist aus England und hat seinen Trip von Toronto in
Kanada aus gestartet. Beneidenswert sind seine Pläne: er möchte die nächsten 10
Monate mit der KLR die Panamericana bis nach Feuerland hinunter fahren. Wie
gerne würde ich es ihm gleichtun – so eine mehrmonatige Reise ist so etwas
besonderes und schon alleine im Kopf ein Riesenunterschied zu einem „paar
Wochen“-Kurztrip.
Da Phil ein sehr sympathischer Typ ist und wir in die gleiche Richtung reisen verabreden
wir uns in zwei Tagen im „Lazy Lizard“-Hostel im noch einige hundert Meilen
entfernten Moab, dem Eingangstor zum Arches und Canyonlands
NP. Aufgrund unserer unterschiedlichen Reisegeschwindigkeiten und
meiner vielen Bilderstopps macht ein gemeinsames Fahren wenig Sinn.
Für den Nachmittag plane ich einen kleinen Offroad sidetrip zum Devils Garden vom Highway 12 aus. Anschließend steht eine Offroad-Tour in den Capital Reef National Park auf dem Programm, bevor ich am Abend Moab erreichen will.
Die Schotterpiste
zum Devils Garden ist fast wie asphaltiert und sehr einfach zu fahren. Die
felsigen Steinformationen hier sind beeindruckend – eine kleine Wanderung ins
Gelände ist obligatorisch. Nach einem kurzen Photoshooting wird mir in meiner
Ausrüstung verdammt warm. Deshalb beschließe ich, zügig zum Capitol Reef
National Park weiterzufahren.
Vom Highway 12 aus führt die Burr Trail Road nach
Osten zunächst asphaltiert ca. 20 km zum Capitol Reef National Park, bevor sie
im Park zur Schotterpiste wird.
Der Capitol Reef National Park ist vor allem bekannt aufgrund des sogenannten
Waterpocket Fold, dessen parallele Klippen auf einer Länge von ca. 150 km aus
der Wüste herausragen und an gigantische Wellen erinnern, die in Richtung
Strand rollen. Durch Erosion sind diese gigantische Felsenklippen und Irrgärten von
verwinkelten Canyons entstanden. Für die frühen Pioniere stellten die „Riffs“
(engl. Reef) eine Barriere auf Ihrem Weg nach Westen dar, die den Namen
aufgrund der Ähnlichkeit mit den Ozeanriffs vergaben.
Die Burr Trail Road ist wirklich sehr schön, sie führt mich zunächst durch einen recht engen Canyon mit hohen Felswänden aus rotem Gestein. Die Felsen strahlen im Licht der Nachmittagssonne fast golden. Im Canyon selbst bieten sich ebenso beeindruckende Anblicke auf das Waterpocket Fold im Capitol Reef National Park – diese Strasse ist unbedingt zu empfehlen. Leider muß ich die Fahrt abbrechen, kurz nachdem sie in die Berge des Capitol Reef führt, da es bis Moab noch ein gutes Stück ist.
Zurück auf dem Highway 12 dämmert es schon und ich habe noch an die 200 Meilen zurückzulegen. Für den Weg nach Westen fahre ich zunächst Highway 12 weiter bis zum Highway 24 und dann auf dem Freeway 70, bis ein kleiner Highway nach Süden in den Ort Moab führt.
Die Fahrt wird sehr kalt. Als ich kurz vor Mitternacht im Lazy Lizard Hostel ankomme, bin ich komplett durchgefroren. Zum Glück bekomme ich für 25 Dollar ein Einzelzimmer, so dass ich mein ganzes Gepäck großzügig im ganzen Zimmer verteilen kann.