Nach einem Tag
voller Vorbereitungen geht es am Abend des 7. Oktober endlich los. Die Fahrt
durch die Wüste nach Einbruch der Dunkelheit zieht sich, aber durch die kalten
Luftfelder werde ich wenigstens nicht müde. Um 1 Uhr nachts komme ich in Las
Vegas an, wo auf dem Las Vegas Boulevard, oder besser als der „Strip“ bekannt, noch
jede Menge los ist. Ich freue mich schon, noch ein bisschen durch die Kasinos
zu tingeln und auf ein günstiges Late-night- Steak & Eggs – Special. Nach
einer zügigen Hotelsuche checke ich im Frontier-Hotel direkt am Strip ein und
ziehe gleich los ins Nachtleben. Das Unglaublichste an Las Vegas ist für mich
die Helligkeit der Millionen von blinkenden Lichtern und Neonreklamen und die
Schnelligkeit, in der hier die gerade ein paar Jahre alten Riesen-Kasinos
abgerissen und noch monströser wieder aufgebaut werden.
Mit ein paar kühlen Bier an einer Kasinobar möchte ich eigentlich gemütlich die
erste Etappe im Wilden Westen abrunden, aber leider bleibt es nicht dabei, denn
eine Runde Amerikaner zieht mich mit und ich lande am frühen Morgen um 5
ziemlich betrunken im Bett.
Der Morgen nach dieser Nacht ist ganz und gar nicht mein Freund, aber nach einem riesigen Frühstück am Treasure Island Breakfast Buffet ist das ganz große Kopfweh zum Glück sehr gemildert. Es ist auch im Oktober noch wahnsinnig heiß - das Packen der Maschine in der Mittagssonne hat die Dusche nach dem Aufstehen komplett überflüssig gemacht.
Über den kleinen Wüstenhighway 95 fahre ich den Nachmittag über in Richtung Death Valley. Gegen Abend komme ich in dem winzigen Wüstennest Beatty an, das gerade ein paar Meilen weg vom Nordost-Eingang des Death Valley NP liegt. Es gibt dort sogar eine internationale Jugendherberge und da nicht viel los ist, habe ich den Dormroom für mich alleine.
Richard, der Owner, wie viele Amerikaner ein alter Vietnam-Veteran, ist ein sehr umgänglicher und sympathischer Typ. Natürlich gibt es hier auch ein Kasino –welche Stadt in Nevada hat keins? Dort esse ich zu Abend esse und plane nebenbei die morgige Etappe. Aus dem Buch suche ich mir eine mittelschwere Offroad-Tour durch den Titus Canyon aus.Am Morgen lädt mich Richard zu seinem Western-Spezial-Frühstück ein, das ich in seiner Küche frisch zubereitet bekomme. Wie kann es anders sein: das Frühstück besteht aus einem Omelette mit Speck und Toast. Es schmeckt sehr gut, anders als die dünne amerikanische Kaffeebrühe, die er mir dazu serviert. Nach und nach tröpfeln noch drei andere ältere Männer aus der kleinen Gemeinde ein. Gleich nach der Begrüßung entzündet sich eine Diskussion über Sinn und Zweck des Irak-Krieges, die zeigt, dass beileibe nicht alle Amerikaner hinter der Bush-schen Außenpolitik stehen. Anders als man es vielleicht erwarten könnte, bin ich als Deutscher in der Runde sehr herzlich aufgenommen worden.
Um zehn Uhr breche ich schließlich auf und bin sehr gespannt auf die bevorstehende Tour. Zunächst besuche ich das kleine verlassene Goldgräberstädtchen Rhyolite, das direkt am Highway 374 liegt. Dadurch, dass sehr wenige Touristen unterwegs sind, strahlen die wenigen Ruinen in der Stille, die nur durch das leise Surren des Windes unterbrochen wird, eine mystische Einsamkeit aus.
Kurz nach Verlassen
der ghost town geht eine Schotterpiste nach
links in Richtung der Berge zum
Titus Canyon ab:
Hier direkt an der Grenze zwischen Nevada und Kalifornien bin ich
nun wirklich ganz alleine mit dem Wind und der Wüste. Ich genieße die Fahrt in
der angenehm warmen Sonne, die im Sommer unerbittlich heiß herunterbrennt.
Bei der Fahrt zum Titus Canyon fahre ich zunächst durch die mit dürren Büschen
übersäten Ebene, bis die gut zu fahrende Schotterpiste schließlich kurvenreich
in die kargen Berge hinaufführt.
Ab und zu nur 2-3 Meter breit, nie zu steil
und zu felsig, ist die Piste angenehm zu fahren. Nach dem Passieren weiterer
Ruinen einer ehemaligen Goldgräbergemeinschaft beginnt der Titus Canyon mit zum
Teil spektakulär hoch aufragenden Felswänden, die die Piste am engsten Teil auf
nur 3-4 Meter Breite begrenzen – kein Wunder, dass der Trail
nur in eine Richtung zu durchfahren ist. Nach insgesamt ca.
2 Stunden Fahrt führt der Trail
aus dem Canyon heraus wieder auf eine der Hauptstrecken und ich befinde mich
mitten in der weiten Ebene des Death Valley.
Nach einem kurzen Besuch des Visitor Centers ist der Nachmittag leider schon
zu weit vorangeschritten als dass sich eine weitere Offorad-Tour
lohnen würde. Davon gibt es hier einige, die fast alle
in die umgrenzenden Bergmassive führen und zum Teil
fahrerisch sehr anspruchsvoll sind.
Meinen Trip setze ich in Richtung Süden quer durch das Death Valley fort, gespickt mit kleinen Side Trips zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten: dem Artist Drive mit den Felsen aus bunter Vulkanasche, dem Zabriskie Point mit seinen durch Regen und Wind dramatisch geformten Felsen sowie Bad Water, dem mit ca. 100 m unter dem Meeresspiegel gelegenen tiefsten Punkt der USA. Hier wird es trotz der vorangeschrittenen Jahreszeit und der untergehenden Sonne noch sehr warm, was mich dazu veranlasst, sämtliche Lüftungsöffnungen meiner Ausrüstung zu nutzen – allerdings mit wenig Erfolg.
Kurz nachdem ich das Death Valley verlasse, wird es dunkel in der Wüste. Im Licht des aufsteigenden Vollmondes fahre ich durch die kurvenreiche Landschaft. in der Hoffnung, in Shoshone einen Platz im Hostel zu bekommen. Nach ca. einer halben Stunde Fahrt komme ich dort an. In dem etwas abgelegenen Hostel gibt es erwartungsgemäß einen freien Platz in einem der Wohncontainer. In der Gesellschaft eines deutschen Pärchens sowie zwei deutschen Mädels entspanne ich mich im warmen Wasser der nahegelegenen, natürlichen Heißwasserquellen. Das ist die einzige Attraktion, die es in diesem kleinen Städtchen gibt.