usa & mexiko 2002 - pazifikküste (mexiko)

Am nächsten Morgen klopft es recht früh - gegen 7 - an der Tür. Ein kleiner, geschäftstüchtiger Junge namens Julio möchte unbedingt mein Motorrad putzen. Ich erkläre ihm, das das überhaupt keinen Sinn macht, weil es spätestens am Nachmittag wieder genauso verdreckt aussieht, lasse ihn mir aber beim Packen helfen. Als Belohnung gebe ich ihm einige Pesos und auch eine Euro-Münze, die mir beim Packen aus der Tasche gefallen ist. julio in michoacan nahe der pazifikküste

Mal sehen, ob ich heute morgen endlich die Küste erreiche - weit ist es ja nicht mehr. Mit Voraussagen halte ich mich aber inzwischen sehr zurück. obststand nahe der pazifikküste Es ist ein sonniger Samstag Morgen und es gibt kaum Verkehr. Die grün bewachsenen Berge ziehen sich bis zur Küste, die ich jetzt offenbar doch noch erreicht habe. Die Vegetation ist tropisch und gegen Mittag, als ich in Zihuatanejo ankomme, ist es sehr heiß. An der Schwesterstadt Ixtapa war ich vorbeigefahren, da die Stadt als Touristenzentrum bekannt ist und beim Anblick der riesigen Luxushotelburgen wollte ich meine Mittagspause hier nicht verbringen. Das ein paar Kilometer entfernte Zihuatanejo ist da schon viel schöner. Es ist ebenfalls ein Touristenort, hat aber einen gemütlichen Ortskern und trotz Tourismus eine ursprüngliche Ausstrahlung beibehalten. Auf der überdachten Terrasse eines kleinen mexikanischen Restaurants lasse ich mich zur Mittagspause nieder: es ist heiß und schwül. Ich kann nicht schnell genug meine Motorradklamotten ausziehen, die Sonne brennt unglaublich heiß herunter. Im Schatten auf einem dieser typischen Ledersessel im mex. Stil sitzend genieße ich meinen Mexican Burger.
Als ich wieder aufbreche komme ich am Ortsausgang an einem Quaker state Öl-shop vorbei. Da eh ein Ölwechsel fällig ist, frage ich den Besitzer, ob ich bei ihm meinen Ölwechsel machen könne, wenn ich das Öl kaufe. Er hat nichts dagegen. Er leiht mir sogar noch seine Werkzeuge und erledigt dann auch im Prinzip gleich den ganzen Ölwechsel. Auf Bezahlung zusätzlich zum Öl verzichtet er. Wieder bin ich gerührt von der Großzügigkeit und Freundlichkeit der Leute und gebe ihm 50 Pesos Trinkgeld. Ich hab ja nicht einmal ölige Hände.
Die Nachmittagsetappe wird stressig, da ich sehr zügig fahren muß, um vor Einbruch der Dunkelheit Acapulco zu erreichen: 230 km Landstraße in dreieinhalb Stunden.
Die Fahrt ist eigentlich ganz schön, sie führt mich durch viele kleine Dörfer mit den üblichen Ständen und Hütten am Straßenrand: Abarrottes (Lebensmittelläden) , spielende Kinder, rennende Hunde, Frauen, die Früchte oder Gemüse verkaufen. Das nervige ist nur, daß sich zahlreiche Dörfer in so kurzen Abständen hintereinander befinden und jedes seine 4-5 Topes hat. Dadurch komme ich nur sehr langsam vorwärts. Die Vororte von Acapulco erreichte ich in der Dunkelheit und hier beginnt am frühen Samstag Abend ein Wahnsinnsverkehr in Richtung Innenstadt.  In der Stadt selbst verdichtet sich der Verkehr noch mehr und ich muß höllisch aufpassen, daß ich den rechts und links vorbeiflitzenden Autos nicht zu nahe komme, während mir der Schweiß im Helm herunterrinnt und ich nach den Schildern zu meinem Ziel, dem Quebrada, schaue. In meinem Reiseführer hatte ich gelesen, daß dort die Hotels günstig sind. Außerdem kann man die berühmten Klippenspringer von Acapulco bewundern, die von den Klippen des Berges aus Ihrem gefährlichen Handwerk nachgehen. Als La Quebrada bezeichnet man die 42m hohe Felsklippe, von der seit 1934 die wagemutigen Felsenspringer, die Clavadistas, in die anrollenden Welle der nur 5 m breiten und nicht sehr tiefen Bucht springen.  Mein Hotel befindet sich direkt am zentralen Platz oben auf dem Berg und viele Leute versammeln sich dort gerade. Offenbar gibt es eine grosse Samstag Abend Show. Das Hotel (Faro) ist ein Glanzhotel früherer Tage und jetzt etwas heruntergekommen: in meinem einfachen Zimmer ohne Klimaanlage sehe ich gleich beim Betreten eine Kakerlake flüchten, aber mit 100 pesos ist es sehr günstig trotz der zentralen Lage. Ausserdem kann ich das Motorrad direkt in der weitläufigen Rezeptionshalle parken. Leider verpasse ich die Show der Felsenspringern der Quebrada, denn als ich aus dem Hotelempfang trete, löst sich die Masse der Zuschauer gerade auf. Ich beschließe, zum Abendessen den Berg hinunter in den alten Ortskern rund um den Zocalo zu gehen. Dort herrscht ein buntes Treiben mit vielen Straßenmusikanten und Künstlern. Die andere Seite der Bucht mit den vielen großen und modernen Hotels und Diskotheken spare ich mir, zumal sie etwas weiter entfernt liegt und ich mir wirklich nicht vorstellen kann, mich heute noch auf das Motorrad zu setzen. Acapulco liegt in der sichelförmigen, weitläufigen Bucht Bahia de Acapulco und wurde als der Badeort der Reichen bekannt.

Auch nachts ist es hier noch höllisch schwül, definitiv die wärmste Station meiner bisherigen Reise.
Am nächsten Morgen gönne ich mir ein Frühstücksbuffet auf der Terrasse in dem etwas höher preisigen Hotel direkt bei der Quebrada. Die Terrasse ist direkt in die Felsen der Quebrada gebaut und würde ungehinderten Bilck auf die Felsspringer erlauben, falls schon welche da wären. Es ist sonnig und um 8.00 bereits so schwül, dass ich vom Packen schon schweißüberströmt bin. Auch eine Dusche hilft nichts. Als ich schließlich in voller Montur auf dem Motorrad sitze, läuft mir der Schweiß im Helm rechts und links die Wangen herunter. Ich mache, daß ich los komme, um durch den Fahrtwind wenigstens etwas Abkühlung zu finden. Die Fahrt durch Acapulco ist trotz Sonntagmorgen die Hölle. Zunächst ist es unheimlich schwer die richtige Straße zu finden - man muß alle Orte auf dem Weg im Kopf haben, um auf einem Schild möglicherweise den entscheidenden Hinweis zu finden. Gleichzeitig hupen die Taxis pausenlos, um anzuzeigen, dass sie frei für Passagiere sind. Ich erschrecke jedes Mal und denke, einen Fehler gemacht zu haben. Gleichzeitig muß ich nach Strassennamen schauen und auf die mal vor mal hinter der Kreuzung stehenden Ampeln oder Stoppschilder zu achten. Natürlich sind die Topes auch nicht zu missachten und die Hitze raubt mir den letzten Nerv, wenn ich an einer der vielen Ampeln stehe. Ein kleiner Trost sind die freundlichen Leute, die mich neugierig und ungläubig ob meiner Kleidung anschauen und freundlich zuwinken. Nach einer Stunde finde ich schließlich mit dem letzten Nerv den richtigen Weg, muß aber fortan zügig durchfahren, da mir mit ca. 400 km bis Puerto Escondido eine weitere große Etappe bevorsteht.
Die Fahrt durch die tropische Landschaft ist zwar sehr schön, wird aber auf die Dauer doch etwas eintönig und ich bin froh, nicht die gesamte Küste entlang gefahren zu sein. Wie auf dem Weg nach Acapulco komme ich durch unendlich viele kleine Dörfer mit noch mehr Topes, die mein Vorwärtskommen sehr langsam machen. Auch die vielen LKWs nerven. Wieder schaffe ich es vor Sonnenuntergang nicht ganz bis zum Ziel. Endlich angekommen gestaltet sich die Hotelsuche schwieriger als sonst, da es zwar viele Hotels gibt, diese aber entweder zu teuer (>35 $) oder schon ausgebucht sind. Es ist aber dennoch viel stressfreier als in Acapulco, da im sehr überschaubaren Pto. Escondido kaum Verkehr herrscht.  Ich gönne mir das Hotel Loren für 250 Pesos die Nacht und bekomme dafür ein schönes Zimmer, einen sicheren Platz für das Motorrad und einen kurzen Weg ins Zentrum. Nach dem Duschen mache ich mich auf, um ein nettes Restaurant zum Abendessen zu finden.
Puerto Escondido ist eine Kleinstadt von ca. 30.000 Einwohnern und vor allem als Hangout für Weltenbummler und Surfer bekannt geworden. Ich bin sofort begeistert:  es gibt eine kleine Küstenpromenade mit einigen gemütlichen Restaurants und netten Bars, auf der Strasse bieten einige Künstler ihre Waren an. Es ist wirklich wie beschrieben: ein kleiner Ort, touristisch zwar, aber er strahlt immer noch die Surferkultur aus.  Schließlich ist Puerto Escondido ein Surfeldorado: jedes Jahr findet hier einer der drei World Cup Wettbewerbe statt.
Puerto Escondido liegt im Bundesstaat Oaxaca. Es ist unübersehbar, daß dieser landschaftlich sehr schöne Staat im Vergleich zu den bisherigen Staaten weniger wohlhabend ist. Dies fällt mir am deutlichsten an den schlechteren Straßen und der katastrophalen Beschilderung auf. Indigene Einflüsse und Traditionen haben einen hohen Stellenwert und lassen die Nähe zu Mittelamerika erkennen.
Ich beginne den nächsten Tag zunächst mit einem Frühstück auf der Veranda in einem Cafe direkt am Strand der Bucht. Es gibt hier im Ort viele Reisende aus allen Teilen der Welt. Zu Mittag genehmige ich mir zusammen mit einem italienischen Pärchen die ersten Austern meines Lebens, die von Fischern direkt am Strand aus den Felsen geholt werden und frisch geöffnet zusammen mit Zitrone gereicht werden. Mit einem Lachen sagt der Fischer, dass die Austern gut für die Manneskraft seien.
Zurück im Hotel passiert mir mittags etwas blödes, als ich wie meistens im Hotel meine Klamotten im Waschbecken wasche: beim Auswringen bricht das nur angeklebte Becken ab, schlägt auf dem Boden auf und zerbricht auf meinem Fuss in tausend Stücke. Zum Glück habe ich nur eine kleine Wunde. Von der Rezeption das schlimmste erwartend bekomme ich aber dennoch ohne Problem ein neues Zimmer.
Abends treffe ich auf der offenen Dachterrasse des Barfly eine nette Gruppe von Reisenden , die aus Östreichern, einer Slowakin und einer Deutschen besteht. Herrlich hier in der wamen Luft nachts im Freien zu sitzen und einige Bier zusammen zu trinken.


Mit etwas Wehmut verlasse ich Puerto Escondido nach zwei Tagen Aufenthalt. Gerne wäre ich noch länger geblieben, aber Anfang Dezember will ich wieder in den USA sein und langsam drückt die Zeit, da ich noch eine gute Strecke vor mir habe und es schon der 18. November ist. Das nächste Ziel ist die Stadt Oaxaca, die zum Weltkulturerbe gehört und schon daher sehr schön sein muß. Da sie im Inland liegt, ist sie zwar ein gutes Stück ausserhalb des Weges auf meiner Reise zum Staat Chiapas, aber ich vertraue auf mein Gefühl, dass sich der Umweg lohnt.  Von Puerto Escondido fahre ich also auf der Straße 131 nach Norden. Unmittelbar außerhalb der Stadt führt die Straße in die Berge und die Vegetation wandelt sich von tropischer zu alpiner. Es geht hoch bis auf 2.700 m. Die Straße ist sehr schlecht mit vielen Schlaglöchern, aber durch den großen Abwechslungsreichtum der Landschaft genieße ich die Fahrt dennoch . Auch die wenigen kleinen Dörfer auf der Reise sind sehr interessant. Mitten in den Bergen treffe ich auf eine Prozession - das ganze Dorf ist auf den Beinen und folgt in einer Schlange von ca. 3 km Länge einem Wagen mit einem aufgebahrten Altar.
Gegen Abend - ausnahmsweise mal bei Tageslicht - komme ich in Oaxaca an und bin sofort begeistert von den vielen kleinen Strassen und den vielen alten Gebäuden im Kolonialstil. Nicht umsonst steht diese Stadt Denkmalschutz. kathedrale in oaxaca Dem in meinem Reiseführer beschriebenen Weg zu einem empfohlenen Hotel kann ich wegen einer Demonstration in der Innenstadt nicht folgen. Die Demonstranten haben bestimmte Straßen komplett gesperrt und lassen keine Fahrzeuge passieren. Begeistert bin ich von einem ca. 50 Jahre alten Honda XR 650 Fahrer, der mich fragt, ob er mir helfen kann und mit mir anschließend einen Schleichweg über Einbahnstraßen hinweg zum Hotel fährt. Wirklich ungewöhnlich eine 650 er zu sehen. Wegen der hohen Steuer auf großmotorige Motorräder sieht man in Mexiko fast ausschließlich 250 er oder 125 er.
farbenfroher hauseingang in oaxaca Auch in Oaxaca gestaltet sich die Hotelsuche schwierig, da Hotels entweder ausgebucht, zu teuer sind oder keinen sicheren Parkplatz bieten. Letztendlich finde ich ein schönes Hotel, das nur über einen der in Oaxaca sehr häufigen offenen Innenhöfe zugänglich ist. Das Hotel heißt Posada Margerita und hier fühle ich mich gleich wohl: das einfache Zimmer befindet sich im zweiten Stoclk und ist nur durch einen Weg über das Dach zugänglich. Eine eigene Dusche habe ich nicht, dafür kostet das Zimmer aber auch nur 120 Pesos und ist sauber. Das Motorrad kann ich sicher im Innehof abstellen.
An Oaxaca gefallen mir die stilvollen Cafes, die vielen Innenhöfe und die vielen gut erhaltenen Gebäude am besten. Die Stadt hat eine sehr kuenstlerische Ausstrahlung und wärmstens empfehlen kann ich das Cafe / Restaurant Decano an der Ecke Cinco de Mayo & Abasola. Letztendlich sollte für mich Oaxaca mit seinen 350.000 Einwohnern eine der schönsten Städte der gesamten Reise sein. Das Klima ist aufgrund der hohen Lage von 1.500m jedoch deutlich kühler als an der Küste. kunstvoller innenhof in oaxaca

Am nächsten Tag treffe ich die Slowakin Silvia,die ich in Purto Escondido kennengelernt habe und wir haben das Glück an einem Riesenspektakel teilhaben zu dürfen: es findet eine Parade zur Feier des 20 de Noviembre statt und sämtliche Schulklassen der Stadt laufen mit, um ihre Schule zu repräsentieren.
Leider ist Silvia, die ein Tag länger in Pto. Escondido geblieben ist, mitten am hellichten Tag in Pto Escondido auf dem Weg zum Strand überfallen und einige Treppenstufen heruntergeschleift worden, als sie ihre Tasche nicht loslassen wollte. Seltsam, dabei hatte der Ort so friedlich gewirkt. Sie hat auf alle Fälle jetzt Schürfwunden am ganzen Körper, aber zum Glück war nicht mehr passiert und ihre Wertsachen waren glücklicherweise nicht verloren.
Mittags unternehme ich etwas, was eigentlich jeder Mexikourlauber macht: ich möchte mir nach bereits über einem Monat Mexiko endlich einmal ein paar Ruinen anschauen. Fast innerhalb der Stadt liegt Monte Alban, eine auf einem abgeflachten Berggipfel liegende historische Zapotekenstadt, in der zu ihrer Blütezeit ca 20.000 Menschen gelebt haben sollen. ruinen auf dem monte alban in oaxaca Auf Oaxaca hat man von hier einen phantastischen Blick und die Gebäude der Ruinen sind ebenfalls sehr beeindruckend. Sie sind weitläufig angelegt. Irgendwie fühlt man sich hier, als sei man auf dem Dach der Welt.
Am Abend treffe ich mich noch einmal mit Silvia, um einige mexikanischen Bier zusammen zu trinken. Sie spricht perfekt spanisch, da sie seit Jahren in Barcelona lebt und durch ihr Hobby Reisen hat sie schon viele Teile dieser Welt gesehen. Ein weiterer sehr schöner Aspekt des Reisens: man trifft wirklich viele nette und interessante Menschen...