usa & mexiko 2002 - baja california sur (mexiko)

Die Verarbeitung des Unfalls mit der Gewissheit viel Glück gehabt zu haben sowie der starke Wind und die dichte Bewölkung, die die Landschaft in ein seltsames Licht taucht, verursachen bei mir eine seltsame Stimmung.
Nach dem ausgiebigen Check des Motorrades, packe ich und breche gegen Nachmittag auf. Die nächste Militärkontrolle am Übergang von der Baja California Norte nach Sur ist im Vergleich zum Vortag recht entspannt: ich muß nur meinen Pass und meine Tourist card zeigen.
Schade, dass es nicht Januar oder Februar ist: das ist die beste Zeit, um die kalifornischen Grauwale an der Pazfikküste vorbeiziehen zu sehen.

Vor mir liegt die Fahrt durch die Wüste von Vizcaino, jedoch noch geprägt durch den Unfall mache ich heute nur eine kurze Etappe von ca. 70 km nach Viczcaino, einem kleinen Dorf inmitten der Wüste. Die Fahrt ist sehr windig und durch die Bewölkung wirkt die Wüste heute noch karger als sonst und auch weit nicht so aufregend.
Das bemerkenswerteste an Vizcaino ist die Gabelung, über die man die Schotterpiste zu einer Reihe von Fischerorten auf der Vizcaino-Halbinsel sowie die Bahia de Tortugas erreichen kann. Die Gegend ist geprägt vom Fisch- und Hummerfang. In Vizcaino selbst gibt es nur ein paar Autoshops, eine Tankstelle, ein paar Restaurants und zwei Hotels. Das Hotel Kadakaaman direkt an der Gabelung hat ein sehr nettes und sauberes Zimmer für mich, die Leute sind freundlich und ich kann das Motorrad sicher direkt vor dem Zimmer abstellen.

Gegen Abend kommt unerwartet die Sonne raus und taucht die bis jetzt tot erscheinende Landschaft in ein Licht, das sie lebendig und interessant erscheinen läßt. Alte Zapfsäule auf dem Hotelhinterhof Die alten Autowracks und Zapfsäulen im Hinterhof geben im Licht der Abendsonne ausgezeichnete Motive ab. Später laufe ich zu Fuß zum nahegelegenen Restaurant und stelle fest, dass es hier als Fußgänger gar nicht so einfach ist, an den Hunden der umliegenden Häusern vorbeizukommen ohne eine Attacke zu riskieren.

Zum Frühstück esse ich am nächsten Tag ein superscharfes Omelett, das ich wie sonst bei Fajitas üblich in die Tortillafladen rolle. Dabei unterhalte ich mich mit Alvarro, der als Supervisor sämtliche Pharmazien der südlichen Baja California überwacht. Zumindest habe ich es so mit meinem dürren Spanisch verstanden. Standesgemäß fährt er einen der noch so häufig sichtbaren Volkswagen Käfer, die man hier in Mexiko bis heute neu kaufen kann.
Nach dem Frühstück breche ich bei herrlicher Sonne zu einem Offroad-Ausflug nach Punta Asuncion an der Pazifikküste auf. Zunächst fahre ich ca. 80 km auf Asphalt durch die einsame Wüstenlandschaft. Es ist weit und breit weder ein Dorf noch ein Auto zu sehen.
Um zum Punta Asuncion zu kommen, stehen anschließend 45 km Schotterpiste auf dem Programm. Vorher allerdings bleibe ich fast im feinen Sand stecken, als ich auf die falsche Piste abbiege. Meine nur zu 20% für Offroad geeigneten Reifen sowie das Gewicht meines Gepäcks sind für solche Ausflüge in extrem unzugängliches Gelände kaum geeignet - eine halbe Stunde benötige ich, um das Motorrad herumzudrehen und auf den richtigen Weg umzukehren, da sich das Hinterrad wie eine Schaufel in den feinen Sand eingegraben hatte.
Die richtige Schotterpiste ist sehr gut befahrbar und das altbekannte Wüstenfeeling kommt bei strahlendem Sonnenschein inmitten der Kakteen und kakteenbewachsenen Berge auf. Offroad-Tour zur Pazifikküste Leider wird die Fahrbahn zur Strandnähe hin immer sandiger und durch die unter dem Sand liegenden Spurrinnen wird ein Sturz immer wahrscheinlicher.
Da sich zudem die große Mutter meiner Lenkung gelockert hat und ich natürlich genau auf diesen Schraubenschlüssel verzichtet habe, beschließe ich, umzudrehen ohne das Meer aus der Nähe gesehen zu haben. Die Rückfahrt lege ich in sehr langsamen Tempo zurück, da die lockere Lenkung die Schläge der Schotterpiste nur mit einem schrecklich klingenden Klappern wegsteckt. Irgendwie kommt mir der Weg überhaupt nicht bekannt vor und ich bekomme ziemliche Bedenken, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Durch den Spass an der Hinfahrt hatte ich nicht beachtet, dass es hier sehr viele Wege gibt und mir die Route nicht eingeprägt - ich male mir schon aus, wie ich hier ohne Wasser in der Wüste umherkrieche. Glücklicherweise treffe ich jedoch auf zwei sehr freundliche Mexikaner, die mir den richtigen Weg zurück zeigen und mir auch gerne mit dem fehlenden Werkzeug ausgeholfen hätten, wenn sie es mit sich gehabt hätten.
Zurück in Vizcaino lerne ich an der Tankstelle einen engagierten ca. 70-jährigen Mexikaner kennen, der nicht aufgibt, bis er die Mutter richtig fest gezogen hat. Gerne gebe ich ihm ein paar Pesos für seine Hilfe. Die Nacht bleibe ich noch einmal im gleichen Hotel wie die Nacht zuvor und esse wieder frischen Fisch, der mit der scharfen Salsa ausgezeichnet schmeckt. Wie immer trinke ich ein Bier, da ich neben dem guten Geschmack auch keine Angst vor Montezumas Rache haben muß. An Biersorten ist in der Baja California Pacifico und Sol sehr verbreitet.

Die Fahrt durch die Vizcaino-Wüste ist überraschend abwechslungsreich: es gibt mal viele mal wenige Kakteen unterschiedlichster Arten. Toter Kuh-Kadaver am Strassenrand Wahrscheinlich liegt es am Wüstenklima, dass gerade hier überproportional viele tote Tiere am Straßenrand liegen - ein Paradies für die Geier.
Nach den vielen kleinen Dörfern und eher ungastlich wirkenden Kleinstädten ändert sich dies schlagartig, als ich nach San Ignacio komme. Zunächst fallen mir die vielen Palmen auf, die man erblickt, wenn man den Berg hinunterkommt. Vor lauter Palmen ist die Stadt selbst zunächst nicht sichtbar. Dies ist die erste Oase, die ich in meinem Leben sehe. Gespeist wird die Oase durch einen unterirdischen Fluß, der hier an die Oberfläche tritt und die einzige Frischwasserquelle im Umkreis von Hunderten von Kilometern darstellt.
Außer Datteln wachsen hier alle möglichen Arten von Citrusfrüchten u.a. Limonen, Zitronen und Grapefruits. Im Ortskern von San Ignacio steht eine der schönsten Kathedralen, die ich auf der gesamten Baja gesehen habe. Kathedrale von San Ignacio Es ist Samstag Mittag und am Dorfplatz ist es sehr ruhig. Ihn umgeben einige andere historische Gebäude. Auf dem von riesigen, alten Bäumen in Schatten gehüllten Platz spielen einige Kinder. Im kleinen Tante Emma-Laden kaufe ich einige Bananen, setze mich auf eine Bank im Schatten und genieße die Ruhe, die dieser Ort austrahlt.
San Ignacio liegt ungefähr im Zentrum der Baja und der weitere Reiseverlauf führt mich zum ersten Mal an die Küste des Golfes von Kalifonien. Die Fahrt ist landschaftlich sehr interessant, denn der Ausblick auf den 2000m hohen Vulkan Tres Virgenes ist toll und die Fahrt entlang der Lavafelder eindrucksvoll. Es wird immer wärmer und in Santa Rosalia schwitze ich zum ersten Mal in meinen Motorradklamotten.
Santa Rosalia ist ebenfalls ein Ort, in dem ich mich auf Anhieb wohlfühle. Er hat ca. 16.000 Einwohner. Vom Hafen aus wurde Kupfer aus den von Franzosen betriebenen Minen verschifft. Die Minen sind heute nicht mehr in Betrieb, jedoch ist die alte Minenatmosphäre immer noch spürbar. Sehenswert ist die alte Kirche, die durch eine von Eiffel entworfene und zunächst in Paris ausgestellte Eisenstruktur geprägt ist - der Eiffelturm lässt grüßen.
Sehr betriebssam geht es hier an diesem Samstag Nachmittag zu, da alle Vorbereitungen für ein großes Fest im Stadtzentrum laufen. Selbst mit dem Motorrad ist ein Durchkommen sehr schwierig. Gerne würde ich mir das Fest anschauen, jedoch möchte ich heute noch Mulege, ca. 60 km weiter südlich erreichen. Beim Tanken muß ich 20 minuten warten und in der Sonne schwitze ich, dass ich es kaum erwarten kann, bis mir der Fahrtwind wieder um die Nase bläßt. Die Jungen, die sich mit dem Waschen der Windschutzscheiben der Autos ein bisschen Geld verdienen, schauen ein wenig ratlos, als sie mein Motorrad erblicken, da sie nicht wissen, ob Sie bei mir mit dem Wischen der Mini-Windschutzscheibe ein Geschäft machen können. Geschäftstüchtig wie die Mexikaner sind, haben Sie jedoch anhand meiner Aufkleber schnell bemerkt, dass ich Deutscher bin und zu meiner grossen Überraschung bietet mir einer der Jungs einen 5 Euro-Schein zum Umtausch gegen Pesos an. Froh, ein Zeichen aus der Heimat zu sehen, gebe ich ihm den großzügig aufgerundeten Gegenwert in Pesos.
Gegen Abend komme ich in Mulege an und auch diese Stadt hat Charme. Mit ihren ca. 5.000 Einwohnern ist der Ort eher klein, aber er ist sehr bekannt für phantastische Tauch- und Fischreviere. Über meinen Bajaguide finde ich ein sehr nettes Hotel, das früher eine Hacienda im mex. Stil war, d.h. die Zimmer sind über einen offenen Innenhof zugänglich, in dem sich noch eine Bar sowie ein Swimming pool befindet. Das Motorrad kann ich im Innenhof parken. Am zentralen Dorfplatz gibt es eine nette Bar mit Tischen und Stühlen im Freien und ich genieße mein wohlverdientes Bier in der untergehenden Sonne.

Nach einer geruhsamen Nacht frühstücke ich im Innenhof meines Hotels. In fast schon üblicher Manier aß ich ein Omelette gewürzt mit der landesüblichen scharfen Salsa und mit gewärmten Tortillafladen. Der Kaffee schmeckt ebenso seltsam wie sonst auch. Wichtig ist es, ihn vor dem Essen zu trinken, denn durch den scharfen Geschmack der Salsa, nimmt er im Mund einen ungenießbar bitteren Geschmack an. Als die Sonne mit Ihrem Schein langsam den Innenhof überzieht, genieße ich die wärmenden Strahlen in der kühlen Morgenluft noch ein wenig, bevor ich zu einem Spaziergang durch Mulege aufbreche. Es ist sehr ruhig im ganzen Dorf, nur die Gegend um die Kirche füllt sich mit Leben: In Sonntagskleidung fein herausgeputzte Jungs und Mädchen bereiten sich auf einen Auftritt in der Kirche vor und tragen Schilder mit den Namen der Länder der Welt. Am zentralen Dorfplatz öffnet der Supermarkt und ich bin erstaunt, wie viele europäische Produkte hier vertrieben werden: Nestle Instant cafe, Kaba, Waschmittel und vieles mehr.
Gegen 12 packe ich meine Sachen und breche auf. Das Ziel der heutigen Etappae heißt Loreto und ist nur ca. 130 km entfernt. Die Landschaft auf dem Weg ist unglaublich schön: der Blick in die Bucht der Bahia Concepcion, die Kakteen, die sich fast bis ans Wasser ausgebreitet haben, viele kleine Inseln, auf denen man sich fühlen muß wie Robinson Crusoe.
Loreto erreiche ich am Nachmittag und schnell finde ich ein Hotel. Loreto ist direkt an der Golfküste und nach dem Einzug ins Hotel setze ich mich auf eine Bank an der Uferpromenade, um den unzähligen Pelikanen beim Fischen zuzusehen: Es ist ein Super-Anblick, wenn sich diese doch recht großen Vögel aus ca. 10 m kopf voraus in das Wasser stürzen, um mit Ihrem als Fischnetz dienenden Schnabel Fische zu fangen. Es ist ziemlich ruhig in der Fußgängerzone, aber recht beeindruckend ist wieder die schöne Kirche im Zentrum sowie ein nahe gelegenes Hotel im mexikanischen Stil, das eines der schönsten ist, das ich jemals gesehen habe: Der offene Innenhof mit den wunderschönen Fließen sowie die stilvollen Teppiche und Möbel zeigen, mit wie viel Liebe zum Detail hier gearbeitet wurde. Auch die Sicht von der Dachterrasse, wo sich ein Pool sowie ein edles Restaurant befinden, ist unglaublich. Zwischen den Türmen der nahegelegenen Kirche sieht man die Kuppen der Berge, über denen rot die Sonne untergeht.

Ich stehe um 6.30 auf, da ich mir vom Sonnenaufgang über dem Horizont unheimlich viel verspreche, aber leider ist die aufgehende Sonne von Wolken umhüllt. Dafür entlohnen mich wieder die Pelikane, die diesmal einer anderen Jagdstrategie nachgehen, indem sie mit Ihren gewaltigen Schwingen lautlos nur wenige Zentimeter über der ruhigen Waseroberfläche dahingleiten, um sich irgendwann mit offenem Schnabel ins Wasser zu stürzen.
Die Fahrt nach La Paz ist sehr abwechslungsreich. Kurz nach Loreto führt der Highway 1 ins Inland, um nun kontinuierlich in die Berge bis auf 1500 m aufzusteigen. Die Berge sind grün bewachsen und sehr zerklüftet und wenig erinnert an die Wüstenlandschaft, die ich noch vor kurzem gesehen hatte.
Nach dem Aufstieg führt die Fahrt über eine Hochebene, bevor ich Ciudad Insurgentes, nicht gerade eine Touristenstadt, erreiche. In dieser Gegend wird die Baja wieder etwas fruchtbarer und die Landwirtschaft prägt das Landschaftsbild. Die Haupteinkommensquelle in dieser Gegend ist der Baumwollanbau. Die Mittagspause verbringe ich in Ciudad Constitucion mit einem Paar aus Nebraska, die auf einer BMW F650 GS unterwegs sind. Sie kommen gerade von La Paz und der Mann ärgert sich ein wenig über ein Ticket, das er heute morgen in La Paz bekommen hat. Es ist das Erste in Lateinamerika und die beiden haben schon einige Touren hinter sich u.a. Bolivien. So relativieren sich viele der Geschichten, die man über die korrupten Polizeibeamten in Lateinamerika hört.

Eine Sache, die mich in Mexiko am meisten verblüfft, ist die Blasmusik mit Ziehharmonika und Tuba, die ebenso wie die bayerische bzw. österreichische klingt, nur eben mit spanischem Gesang. Das verblüffende finde ich dabei, dass diese Musik so sehr sie unter den Jugendlichenin Deutschland verschmäht wird, in Mexiko aus vielen Autos Jugendlicher mit Subwoofern schallt. Vielleicht kam die Musik damals gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts nach Mexiko, als Mexiko für rund fünf Jahre von dem österreichischen Kaiser Maximilian regiert wurde.
Die Fahrt von Cd. Constitucion nach La Paz bietet wenig Neues und Aufregendes. La Paz ist eine freundliche Stadt mit ca. 140.000 Einwohnern. Sie liegt in der Bahia de la Paz und hat nicht weit außerhalb der Stadt herrliche einsame Strände.
Viele Reisende kommen durch La Paz , denn im ca. 15 km außerhalb gelegenen Pichilingue legen die Fährschiffe vom Festland (Mazatlan und Topolobampo) an. Auch wenn man La Paz nicht als superschöne Stadt wahrnimmt, bietet sie doch in der Nähe des Zocalo mit der Kathedrale Nuestra Senora de la Paz Kolonialatmosphäre. Mir persönlich haben auch die zahlreichen Bars und Restaurants an der Promenade Malecon gefallen.
Um auszuspannen bleibe ich hier zwei Tage und genieße das Frühstück im offenen Restaurant La Perla mit herrlichem Blick auf die von der Morgensonne beschienenen Bucht.
Mein Hotel (Yeneka, $200) ist sehr einfach, jedoch mitten im Zentrum. Es nennt sich Museumshotel und im offenen, durch die vielen Pflanzen an einen Urwald erinnernden Innenhof sind eine Unmenge von alten historischen Gegenständen "ausgestellt".
Den Morgen des nächsten Tages verbringe ich am Zocalo, dem zentralen Stadtplatz und beobachte im Schatten einer der zahlreichen Bäume die Leute: viele geschäftig ihre Einkäufe in den umliegenden Geschäften erledigend, einige ältere sitzen auf den vielen Bänken und unterhalten sich, die Schuhputzer warten vor ihren thronhaft erscheinenden Stühlen auf Kunden. Ich genieße dies alles - es ist schön, nicht arbeiten zu müssen und dies alles erleben zu dürfen.
Beim Besuch der Restaurants versuche ich, mein Spanisch zu verbessern, jedoch nachdem zuvor freundliche Leute ziemlich plötzlich zurückhaltend und stumm wurden, beschließe ich mehr für mein Spanisch zu tun und meinen Wortschatz zu trainieren: vielleicht sage ich unbewusst Dinge, die ich eigentlich gar nicht sagen will.

Nach meiner Ruhepause breche ich auf, um den Rest der Baja California zu erkunden. Das nächste Ziel ist Los Barriles, denn ich hatte gehört, hier könne man sehr gut windsurfen und da ich sonst normalerweise immer der schlechteste Windsurfer auf dem See bin, will ich mich in dieser Disziplin ein wenig verbessern.
Die Fahrt geht wieder einmal durch Wüstengebiet. Erst in der Nähe der Golfküste ändert sich das Klima und wird fast tropisch, als mich der einzige Regenschauer der gesamten Mexikoreise mit warmem Wasser übergießt. Es ist erstaunlich schwer ein günstiges Hotel zu finden, so muss ich leider mit einem Zimmer für 500 Pesos ($50) in einem jedoch sehr schönen und geschmackvollen Hotel vorlieb nehmen. Den Abend verbringe ich mit einem sehr netten Schweizer Pärchen, die hier zwei Wochen Urlaub machen und mir von der Baja in den siebziger Jahren erzählen, als der Touristenort der Baja schlechthin, Cabo San Lucas, noch ein kleines Fischerdorf mit einem einzigen Hotel war.
Der Morgen ist sehr schön: die Luft ist nach dem gestrigen Regen frisch und der Himmel wieder blau. Leider ist momentan mit Windsurfen nicht viel los, es ist offensichtlich Vorsaison - im Winter ist das Gebiet durch den starken Wind angeblich sogar nur für fortsgeschrittene Windsurfer geeignet.
Am Strand sind eher teure Hotels und viele Amerikaner mit ihren mitgebrachten Motorbooten zu finden, die sie meist nutzen, um Sportfischen zu betreiben.
Seitdem Vicente Fox Präsident von Mexiko ist, ist es Ausländern gestattet, direkt Grund in Mexiko zu erwerben. Dies war zuvor nur über Strohmänner möglich und sehr risikoreich. Aus diesem Grund besitzen viele Amerikaner nun Ferienhäuser hier und der Tourismus hat stark angezogen.

Auf dem Weg weiter nach Süden in Richtung San Jose del Cabo ziehen über den Bergen wieder dicke Wolken auf und die Luft beginnt, nach Regen zu riechen. Da es im Norden wesentlich besser aussieht und vielleicht an der Pazifikseite ebenso, beschließe ich umzukehren und den Rundkurs um den südlichen Teil der Baja von der anderen Seite her zu fahren.
So geht's zunächst zurück in Richtung La Paz, bevor ich dann 20 km vor La Paz an der Gabelung nach links abbiege und in Richtung Todos Santos an der Pazifikküste weiterfahre.
Ein Bike-Umfaller unter vielen Auf dem Weg dorthin passiert mir leider noch ein kleines Malheur, als ich das Motorrad am Strassenrand abstelle, um ein Bild von einem kunstvoll bemalten, verrosteten, alten VW-Bus zu machen: Gerade als ich den Auslöser der Kamera betätigen will, bemerke ich eine Bewegung im Augenwinkel und als ich mich umdrehe, sehe ich das Motorrad langsam umkippen. Als ich auf es zustürze, um den Sturz aufzuhalten, fällt es natürlich gerade, kurz bevor ich es erreiche, ganz um. Sofort hält ein hilfsbereiter Mexikaner an, um mir zu helfen und gemeinsam stellen wir das müde Gefährt wieder auf.

Die Fahrt durch die kleinen Dörfer ist sehr schön und Todos Santos ist schon auf den ersten Blick super-sympatisch: ein kleiner Ort mit schönen kleinen Geschäften und einem stilvollen mexikanischen Restaurant, in dem die aus Gemüse und Fleischstücken brutzelnd angebratene Füllung für die Tortillas in einer Schale aus Lavagestein serviert wird. Beim Gespräch mit dem Camarero fällt mir auf, dass ebenso wie in vielen anderen Ländern, das Bild von Deutschland immer noch sehr von der Geschichte des zweiten Weltkrieges geprägt ist.
Todos Santos ist so ziemlich das Gegenteil des sehr touristisch ausgebauten Cabo San Lucas am Südzipfel der Baja und die umliegenden Strände an der wilden Pazifiküste sind von unglaublicher Schönheit. Strand von St. Perdido bei Todos Santos Besonders gefallen hat mir der Strand St. Perdido, den man nur über ein paar Kilometer Schotterpiste erreicht. Leider liegen er und ein paar weitere schöne Strände etwas außerhalb des Ortes. Ein netter Campingplatz mit freundlichem Besitzer (amerikanischer Auswanderer) und Bar in einer großen schilfbedeckten Hütte lädt zum Bleiben ein.
Am Abend erfahre ich in einem Internet cafe von dem herrannahenden Hurricane, der sich südlich der Baja mit ca. 70 Stundenkilometer fortbewegt. Ob er auf die Baja treffen oder eher in Richtung Festland weiterziehen wird, ist noch nicht absehbar und jeder der Surfer versucht, im Internet die neueste Entwicklung zu erfahren. Es soll einer der fünf stärksten Hurricanes überhaupt sein.
Durch eine große internationale Konferenz in Cabo San Lucas ist ein Unterkommen bzw. Durchkomen dort momentan sehr schwierig. So beschließe ich, am nächsten Tag zunächst die 160 km nach La Paz zurückzufahren und dort in meinem Lieblingshotel Yeneka abzuwarten, bis der Trubel in Cabo und auch der Hurricane sich verzogen haben. Die Leute in Todos Santos sind sehr freundlich: der Hoteljunge half mir mein ganzes Gepäck ans Motorrad zu tragen, ein anderer half mir das Motorrad aus seinem geschützten Ort über einen 40cm hohen Absatz zu schieben.
Vor dem Aufbruch esse ich in einem der zahlreichen Straßenrestaurants in Todos Santos noch zu Mittag. Eigentlich besteht das Restaurant nur aus einem Steinbau, in dem sich die Küche befindet, jedoch durch den Vorbau aus Schilfmatten und Palmenblättern bildet das Ganze ein Spitzen-Freiluftrestaurant. Die Gruppe von Einheimschen am Nachbartisch schauen neugierig und grüßen mit ihren erhobenen Bieren freundlich.
Das Fischgericht hier ist eines der besten der gesamten Mexiko-Fahrt, vor allem durch diese unglaublich gute Knoblauch-Soße, zu der ich schon drei Tortillafladen gegessen hatte, bevor überhaupt der Fisch serviert wurde.

Auf dem Rückweg sehe ich viele tote Kühe und Pferde auf der Strasse und beschließe trotz des penetrant süßlichen Gestanks das eigentlich längst fällige Bild von Geiern bei der Mahlzeit zu machen. Komischerweise fliegen die Geier nicht weg, wenn ein Fahrzeug vorbeifährt, jedoch sobald man sich zu Fuss mit der Kamera nähert, gibt es kein Halten mehr und somit muß ich leider auf ein typisches Mexiko-Bild verzichten.
Zurück im Hotel Yeneka in La Paz ist es, als ob ich nach Hause zurückkehre. Vor dem Hotel auf dem Gehsteig stehen Tisch und Stühle und Raymundo hat wieder Dienst. Obwohl man sich bei seinem Anblick fragt, ob er lesen und schreiben kann, schreibt er Gedichte und trägt diese abends seinen Freunden mit einer Hingabe vor, dass man auch ohne alles zu verstehen, sofort in ihren Bann gezogen wird. Er begrüßt mich mit einem Lächeln und einem unverständlichen Satz Spanisch und gibt mir wieder mein Zimmer, eines der wenigen mit einem Fernseher. Die Simpsons am Abend vor dem Ausgehen sind also wieder gerettet.

Am nächsten Tag mache ich einen Ausflug die Halbinsel Magote hinauf an die zauberhaften und sehr verlassenen Buchten Balandra und Tecolote. Die Halbinsel Magote nördlich von La PazKurz nach Pichilingue, von wo aus die Fähren zum Festland ablegen, fahre ich auf einer Schotterpiste vorbei an Kakteen und wunderschöner Wüstenlandschaft.
Im Internet lese ich von der Bahia de la Ventana, die ca. 2 Stunden von La Paz in östlicher Richtung entfernt liegt. Da die Landschaft sehr schön sein soll und es die Möglichkeit zum Windsurfen gibt, beschließe ich dorthin zu fahren. Die richtige Abzweigung zur Landstraße 286 nach Osten zu finden ist zwar ein wenig schwierig, aber lohnen tut sich der Ausflug auf alle Fälle. Zunächst kommt man an einem riesigen Autofriedhof vorbei. Schließlich fährt man durch eine zwar sehr trockene, jedoch von unheimlich vielen Bäumen, Sträuchern und Kakteen bewachsene Berg-Landschaft. Irgendwann ist man auf dem Gipfel angelangt und hat von hieraus einen unversperrten Blick über die weite Ebene und die Bahia de la Ventana.
Von nun ab geht es stetig bergab, bis ich schließlich an der einzigen Gabelung links zum Ort Ventana abbiege. Ventana ist ein winziges, weitläufiges Dorf mit zwei Windsurf-Hotels. Beim Ventana-Windsurf schließlich miete ich mir Equipment für den Nachmittag und genieße es, bei starkem Wind wieder der schlechteste Surfer zu sein. Es gibt sogar einige Kite-Surfer hier. Nach dem Windsurfen lerne ich drei sehr nette Mexikaner vom Festland kennen, die hier ein paar Urlaubstage verbringen. Stephen, der Eigentümer des Windsurf-Hotels, ist ein ca. 40-jähriger Kalifornier aus Napa Valley und ebenfalls sehr sympatisch. Er ist immer saisonweise hier und hat das sehr stilvolle und mit Liebe zum Detail gestaltete Windsurf-B&B selbst erbaut. Es besteht aus einzelnen Bungalows mit eigener Terrasse, die jeweils ein bis zwei Zimmer enthalten. Ich beschließe, hier ein paar Tage zu bleiben und Stephen gibt mir einen Vorsaison-Sonderpreis (600 Pesos für das Zimmer plus 300 Pesos Equipmentmiete pro Tag), der die Mahlzeiten Frühstück, Mittag und alle zwei Tage Abendessen beinhaltet - Nicht gerade superbillig, aber für das, was man bekommt sehr angemessen. Da ich noch in La Paz mein Gepäck holen muß, buche ich für den nächsten Tag und genieße die Heimfahrt in der schon sehr tiefstehenden und angenehm warmen Nachmittagssonne.

Gleich nach meiner Ankunft im Windsurf B&B am nächsten Tag, schmeiße ich meine Sachen ins Zimmer, ziehe mich um und steige auf das Windsurf-Brett. Die Sonne scheint, es ist herrlicher Wind und die Aussicht auf die karge Insel Isla Cerralvo ist phantastisch. Zum Windsurfen brauche ich keinen Wetsuit, denn das Wasser hat mind. 25 Grad.
Nach dem Surfen trinke ich mit den drei Mexikanern ein Pacifico auf der Terrasse - es schmeckt so schon super, aber nach dem ganzen Salzwasser, das ich geschluckt hatte, kann ich mir in diesem Moment nichts schöneres vorstellen, als dieses Bier zu trinken.
Die Terrasse meines Luxus-Zimmers im Ventana-WindsurfMein Zimmer ist wunderbar eingerichtet: mit hoher Schilfdecke, vielen Fenstern und einer unter einem Schilfdach geschützte Terrasse vor dem Zimmer und einem Balkon hinten hinaus. Zum Abendessen fahren Jorge, Diego, Antonio und ich mit Stephen's ATV (All terrain vehicle) zum einzigen Restaurant im Dorf, begleitet von Stephens Hund, begeistert vor dem ATV herspringt, als ob es sein liebster Spielkamerad wäre. Der Fisch zum Abendessen wird frisch zubereitet und schmeckt phantastisch. Stephens Hund ist ein liebevoller Kerl, nur die Angewohnheit mich in dem Schritt zu schupsen, um die nächste Streicheleinheit zu verlangen, ist ein wenig gewöhnungsbedürftig.
Erschöpft von einem Nachmittag Windsurfen, setze ich mich später auf das Sofa meiner Terrasse und kann es nicht glauben an einem so phantastischen Ort zu sein: durch eine Vielzahl von Sternen, die ich in dieser Häufigkeit bisher nur in den Bergen gesehen hatte, und den Mond ist es nicht dunkel und das leise Säuseln des Windes durch den Palmenwipfel direkt vor mir wirkt sehr beruhigend. Ich trinke ein Bier und rauche eine Zigarette und könnte hier für immer sitzen. Auch die Lufttemperatur ist perfekt.
Der nächste Tag ist genauso schön wie der erste, nur hat der Wind nachgelasssen. Heute werden wir vollverpflegt und die beiden mex. Köchinnen machen einen perfekten Job. Zum Abendessen gibt es eine Flasche Wein vom Weingut von Stephens Vater.

Am nächsten Tag kehre ich froh über diesen Super-Ausflug nach La Paz zurück, um in ein paar Tagen von hier aus, die nächste Etappe meiner Reise anzutreten: die Fahrt auf das Festland.
Wie bereits üblich niste ich mich wieder ich im Hotel Yeneka ein und Raymundo hat sogar mein "Stammzimmer" wieder für mich. Gleich nach dem Einchecken suche ich einen der wenigen Motorradshops auf, um den nach über 3.000 km nötigen Ölwechsel durchzuführen. Der Meister ist sehr freundlich und neben einer Ölwanne zum Ölablassen leiht er mir sogar das Werkzeug, um die Ölfilter-Schraube zu öffnen, die nach dem Unfall duch den verbogenen Sturzbügel schwer zugänglich ist. Gerne revanchiere ich mich mit 50 Pesos für die Kaffee-/Bierkasse.

Für den heutigen Tag (31.Okt., Halloween) habe ich eine Rundreise um den Südzipfel der Baja geplant. Zunächst geht's zurück nach Todos Santos und dann weiter an der Pazifikküste nach Cabo San Lucas und über San Jose del Cabo zurück nach La Paz. Typisches Strassenrestaurant auf der Baja Insgesamt sind das ca. 350 km, was an einem Tag locker zu schaffen sein sollte. Die Fahrt nach Cabo San Lucas ist spektakulär: Etappenweise habe ich das Meer auf der einen Seite und Berge mit Gipfeln über 2.000 m auf der anderen und das ganze in der für mich niemals den Reiz verlierenden Wüstenlandschaft.
Bei Cabo San Lucas (20.000 Einwohner) muß man sich bewußt sein, daß die Stadt innerhalb von 30 Jahren von einem kleinen Fischerort zur Touristenhochburg schlechthin geworden ist. Hier gibt es hauptsächlich amerikanische Touristen, die mit den vielen anlegenden Kreuzfahrtschiffen hierhergelangen. Am amerikanischen Geschmack ausgerichtet gibt es hier viele Bars und Hotels, und auch die typischen amerikanischen Ketten sind hier vertreten: Hard Rock Cafe, Dunkin Donuts , Pizza Hut usw.
Gegenüber La Paz ist auch deutlich spürbar, dass die Verkäufer von Souvenirs oder Ausflügen oder Tagestrips viel penetranter sind. Heute laufen die Vorbereitungen für Halloween auf Hochtouren. Trotz des eher gehobenen Preisniveaus im Zentrum nahe des Yachthafens findet man dennoch in der Nähe kleine und saubere Hotels für ca. 400-500 Pesos pro Person und Nacht.
Gerne wäre ich hier ein bis zwei Tage geblieben, denn den Touristentrubel kann ich zeitweise akzeptieren, da ich auch mal ganz gerne ein Bierchen in einer belebten Bar trinke. Aber im Hinblick darauf, dass mir für das riesige Festland nur 4 Wochen verbleiben, möchte ich sobald als möglich übersetzen.

Zurück in La Paz esse ich frisch zubereitete Tacos in einem der Strassenstände und stelle fest, dass sie dort wieder mal am besten schmecken. Den Halloween-Abend verbringe ich in den Bars von La Paz. Er endet sehr feuchtfröhlich auf der Dachterrasse meiner Lieblings-Bar, wo ausser mir und zwei Schweizern fast nur noch Einheimische sehr ausgelassen feiern.
Eigentlich war mein Plan gewesen, heute die Fähre zu nehmen und um 6 Uhr aufzustehen, damit ich an dem 15 km entfernten Terminal in Pichilingue noch eines der knappen Tickets bekomme. So hatte ich es Raymundo mitgeteilt. Leider bekommt mich der Arme trotz Hämmerns an die Tür erst um 7 Uhr wach und mein Kopf sagt mir, dass mein Vorhaben heute wohl keinen Sinn macht. So beschließe ich, den Tag sinnvoll zu nutzen, indem ich ein paar Wartungsarbeiten am Motorrad mache, ein bisschen Spanisch lerne und den wundervollen Aufenthalt auf der Baja langsam ausklingen lasse.
In der Werkstatt treffe ich Karl-Heinz, einen Zahntechniker aus Würzburg, der vor 20 Jahren nach 4 Jahren Weltreise auf dem Fahhrad hier in La Paz hängengeblieben ist. Das hat, wie man vermutet, mit einer Mexikanerin zu tun, mit er heute drei Kinder hat. Karl-Heinz fährt so ziemlich das heruntergekommenste Stück Motorrad, das ich jemals gesehen habe, aber durch das Improvisationtalent der mexikanischen Mechaniker läuft sie. "Auch wenn Dir die Methoden haarsträubend erscheinen, Du musst sie (die Mexikaner) nur machen lassen - die kriegen alles wieder zum Laufen" sagt er und ergänzt, dass er mit seiner uralten, schon hundertfach geflickten Zahn-Schleifmaschine, bestimmt schneller ist, wie mancher deutsche Zahntechniker mit seinem super-modernen Equipment.
Karl Heinz lädt mich auf ein Bier zu sich nach Hause ein. Er wohnt am Stadtausgang. Dort gibt es wenige Häuser und auch kaum noch Verkehr. Im Viertel, wo das Haus von Karl-Heinz steht zeigen sich die Unterschiede im Lebenstandard zwischen Deutschland und Mexiko recht deutlich: es gibt keine asphaltierten und gepflasterten Strassen und Gehwege sucht man hier ebenfalls vergebens. Zum Abendessen gehen wir an den Taco-Stand in seiner Strasse. Diese Tacos sind definitiv die besten, die ich während des gesamten Mexiko-Trips gegessen habe. Als Beilagen gibt es eine Riesenauswahl an frischen Zutaten wie Zwiebeln, Tomaten, Salsa, Peppers etc. Auch das Ambiente ist nett: an der weitläufigen Straße mit breitem Seitenstreifen sind Tische und Stühle aufgestellt, die ganze Familie kocht, jeder hat seine Aufgabe; natürlich steht der Mann am Grill bereitet das Fleisch zu, parallel läuft der Fernseher, der auch sonst in den Geschäften oder Hotellobbys nie fehlen darf.
Karl Heinz stellt mich noch einem seiner Freunde vor, der als Trompeter in einem Orchester nicht schlecht zu leben scheint. Er ist sehr freundlich, warnt mich jedoch vor den Einwohnern das Staates Sinaloa. Das ist der Staat, in dem meine Fähre anlegen wird. Da dies schon die zweite Warnung dieser Art in bezug auf Sinaloa ist, bestätigt sich noch einmal, was ich zuvor schon gehört hatte: Im Vergleich zur Baja, die insgesamt als sehr sicher gilt, gibt es einige Gegenden auf dem Festland von denen man das nicht behaupten kann. Vor Sinaloa wird teils wegen der (positiv ausgedrückt) geschäftstüchtigen Mentalität der Einwohner, vor allem aber deshalb gewarnt, da in diesem Staat offenbar das Zentrum des Drogenhandels- und Schmuggels von Mexiko sitzt. Von hier aus werden die Drogenlieferungen in die USA organisiert.
So steigt langsam meine Nervosität vor dem, was mich auf em Festland erwartet, aber andererseits kenne ich mit Sjoerd, meinem Email-Reiseführer aus Kanada, jemanden, der die Wahrscheinlichkeit eines Vorfalls als sehr gering einstuft und selbst schon viele Fahrten ohne Probleme gemacht hat. Zurück im Hotel liest Raymundo einem Freund Gedichte vor und beide amüsieren sich bei meinem Erscheinen über die Weck-Geschichte von heute morgen. Raymundo stellt mir ein Glas mit Tequila hin, den ich unbedingt probieren müsse. Er ist wirklich gut, aber nach mehr steht mir heute nicht der Sinn. So gehe ich ins Bett, um für den morgigen Tag ausgeschlafen zu sein.

Am nächsten Morgen fahre ich früh hinaus zum Fährenterminal. Dort stelle ich fest, dass die Preise der Reise-Agentur direkt in La Paz, die ebenfalls diese Tickets anbietet, die gleichen wie am Terminal sind. Zwei Fähren stehen für mich zur Auswahl: eine Passagierfähre von La Paz nach Mazatlan, die heute Mittag ausläuft und Mazatlan nach 16 Stunden erreicht. Dort hätte ich eine Kabine zum Schlafen, aber dafür ist sie auch mit ca. 1.600 Pesos ($ 160) ungleich teurer als die andere. Meine zweite Alternative ist eine Frachtfähre, d.h. es gibt keine Kabinen und nur einen kleinen Aufenthaltsraum. Sie fährt nach Topolobampo/Los Mochis (ca. 300 km nördlich von Mazatlan), benötigt 8-10 Stunden und kostet ca. 1.300 Pesos ($ 120).
Ich entschließe mich für die billigere Variante und buche die Frachtfähre nach Topolobampo. Sie verläßt Pichlingue um 22.00 Uhr. Dadurch verschließe ich mir auch nicht die Möglichkeit zum Copper Canyon zu fahren, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es dafür nicht doch schon zu kalt ist. Schließlich sind die umliegenden Berge ca. 2.500 m hoch. Beim Bezahlen stelle ich fest, dass es immer besser ist in Pesos zu bezahlen, anstatt mit US-Dollar, denn die Exchangeraten sind teilweise abenteuerlich: Anstatt 1.200 Pesos, also US$ 120, würde ich in US$ direkt $150 zahlen (!).
Am Nachmittag nehme ich Abschied von der Baja und verspüre eine leichte Nervosität vor dem Unbekannten. Gegen Einbruch der Dunkelheit um 18.00 fahre ich hinaus nach Pichilingue.
Auf dem Weg zur Fähre, muß ich durch den Zoll und werde ziemlich gründlich inspiziert. Sehr genau wird hier auch die Temporary Import Permit angesehen. Auf der Fähre befinden sich schon jetzt um 20.00 viele LKWs darunter auch einige von der Armee. Mein Mororrad muß ich hinter das einzige weitere Motorrad auf der Fähre stellen. Es ist eine BMW R80 und mit dem Besitzer Dave, einem pensionierten US-Amerikaner aus Oregon, komme ich schnell ins Gespräch. Beim einfachen, aber kostenfreien Abendessen unterhalten wir uns und er nimmt mir die Zweifel zum Copper Canyon zu fahren. Keinesfalls wäre es derzeit zu kalt, im Gegenteil: gerade jetzt wäre die beste Zeit dafür, da die Regenwahrscheinlichkeit sehr gering ist und die große Hitze vorbei ist. Es freut mich das zu hören, denn dadurch kann ich die Fahrt durch Sinaloa abkürzen. Dave hat viel Mexikoerfahrung und ist schon viele Offroad-Strecken hier gefahren, ebenfalls ohne jegliche Probleme. Er ist gerade pensioniert worden und erfüllt sich mit dieser Tour, bei der er in Richtung Süden bis nach Feuerland fahren will, einen lange ersehnten Traum.
Seltsamerweise hat Dave nur 1.100 Pesos für die Überfahrt bezahlt, aber die Preise scheinen sich hier stündlich zu ändern. Vor ein paar Jahren hätte diese Überfahrt noch 80 Pesos gekostet. Es ist Zeit zu schlafen und die ca. hundert Passagiere verteilen sich auf Matten in den Gängen oder einfach draußen auf Deck. Ich suche mir auch einen Platz im Gang und muß noch schnell meine löchrige Iso-Matte flicken, die ich jetzt erstmalig brauche. Zum Glück ist die Überfahrt sehr ruhig - nahezu kein Seegang. Das sei nicht immer so. Mit dem rhytmischen Stampfen der Motoren, schlafe ich im leichten Wind prima ein.

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